Bild: Die Expertenrunde: Mithat Akay, Kahraman Evsen, Michael Gehlert, Jan Jessen und, per Skype zugeschaltet, Tobias Huch., Friedliche, informative Stimmen zur Situation Kurdistans Bild: Jan Turek

Politik. Am 9. November fand im HZO 50 eine vom AStA organisierte Podiumsdiskussion statt, bei der Experten ihre Einschätzungen zur Situation der KurdInnen – insbesondere auf irakischem Staatsgebiet – kundtaten.

Das Volk der KurdInnen gilt mit etwa 30 Millionen Angehörigen als das größte Volk ohne eigenen Staat. Stattdessen leben in der Türkei, in Syrien, im Iran und im Irak bedeutende kurdische Minderheiten. Ende September 2017 sprachen sich bei einem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum im kurdischen Teil Iraks 92 Prozent der WählerInnen für eine Unabhängigkeit aus. Darauf reagierte die irakische Regierung, indem sie im Oktober einige kurdisch kontrollierte Gebiete, wie die erdölreiche Großstadt Kirkuk, zurückeroberte.

Vor diesem Hintergrund lud der AStA zu einer Veranstaltung ein, bei der ein Überblick über die Unabhängigkeitsbestrebungen gegeben werden sollte. Nachdem bekannt wurde, dass auch der FDP-Politiker und Erdoğan-Kritiker Tobias Huch als Redner geladen war, kam es im Vorfeld zur Ankündigung einer Gegenveranstaltung sowie zu negativen Kommentaren auf der Facebook-Seite des AStA. Dieser veröffentlichte auf selbiger Seite ein Statement, das Huch verteidigte und vorsorglich „auf die Regeln des friedvollen Miteinanders und gegenseitigen Respekts“ verwies: Das Sabotieren von Diskussionen sei „nicht zielführend“.

Alles blieb ruhig

Die Bedenken erwiesen sich als unbegründet: Das Sicherheitspersonal, das an allen Eingängen stand, verlebte einen ruhigen Abend, der Hörsaal war nicht einmal halbvoll und die Gegenveranstaltung fand nicht statt. All das kam der Gesprächsatmosphäre entgegen.

Neben Huch, der der Veranstaltung via Videoprojektion beiwohnte, bestand das Kollektiv der Redner aus Kahraman Evsen (Präsident der Kurdisch-Europäischen Gesellschaft), Mithat Akay (Vorsitzender der Ezidischen Gemeinde Hessen), Jan Jessen (Politikredakteur bei der NRZ) und Michael Gehlert (Vorstandsmitglied der Kurdisch-Europäischen Juristengesellschaft). Alle waren sich einig, dass ein Staat Kurdistan ein wünschenswertes Ziel sei. Grundtenor war aber auch, dass es bis zu diesem Ziel noch ein langer Weg sei. Jessen hob hervor, dass insbesondere der Verlust von Kirkuk dramatische wirtschaftliche Folgen habe. Huch stellte dar, der Westen sei Kurdistan „in den Rücken gefallen“ und dass es besonders wichtig sei, „dass die Kurden alle zusammen stehen“, schließlich werde sich über zerstrittene kurdische Parteien „jeder Feind freuen“. Und Karaman gab sich trotz der schwierigen Situation überzeugt, dass der Traum eines kurdischen Staates „weiter in uns leben wird“, so lange es KurdInnen gibt.

Plädoyer für Einheit

Im Anschluss zog Mithat Akay der :bsz gegenüber ein durchweg positives Fazit und lobte die „angenehme Diskussionskultur“. Auch Muhammed Kaya, AStA-Referent und Organisator der Veranstaltung, äußerte sich „sehr zufrieden“. Ihm zufolge hätten es die Redner geschafft, angesichts der komplizierten Situation für „etwas Klarheit“ zu sorgen.

Die :bsz sprach auch mit Zuschauern: RUB-Student Lawen, 24, wurde im „iranisch besetzten Teil Kurdistans“ geboren, wanderte aber schon in seiner frühen Kindheit mit seiner Familie aus und nennt sowohl Deutschland als auch Kurdistan als seine „Heimat“. Er ist der Meinung, Kurdistan brauche dringend „Einigkeit, Recht und Freiheit“, wie es in der deutschen Nationalhymne heißt und fordert: „Lasst uns alle an einem Strang ziehen.“ Das sieht Ahmad, 24, der an der Hochschule Bochum studiert, genauso und zitiert seinen Vater: „Einen Stift kann man einfach zerbrechen. Aber wenn man zehn oder zwanzig Stifte hält“, sei das nicht so leicht.                                   

Gastautor :Jan Turek

 

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