Bild: Bewaffnete Bundeswehr-Drohnen sind nur die Spitze des Eisbergs – Die Technologie selbst ist das Problem Karikatur: joop

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat mit der Forderung nach bewaffneten Drohnen für die Bundeswehr in ein Wespennest gestochen. Bei aller berechtigter Kritik an den Plänen ist die Diskussion um Drohnen allerdings noch sehr von der Frage geprägt, ob diese Art der Aufrüstung noch moralisch vertretbar sei. Dabei sind die Implikationen der Technologie viel weitreichender. Es lohnt – ganz ohne Ironie – ein Blick ins Genre Science Fiction.

Dass viele technologische Visionen aus SciFi und Cyberpunk längst Realität sind, ist nicht neu: Man vergleiche nur die Kommunikatoren der Original-Star-Trek-Serie mit heutigen Smartphones. Drohnen holen in dieser Hinsicht rasant auf, wie drei Beispiele aus der Realität zeigen.
Erstens: Derzeit erwägen oder testen Versandhändler sowie Lieferdienste Möglichkeiten, mithilfe von Drohnen ihre Dienstleistungen zu optimieren. Kaum auszudenken, wenn in ein paar Jahren vielleicht gar das Q-West seine Cuisine direkt in den Hörsaal fliegt. In der Haut der FluglotsInnen, die künftig den von Drohnen bevölkerten Luftraum managen sollen, möchte ich nicht stecken, aber wenigstens scheint ihrer ein Beruf mit Zukunft zu sein.

Stinktier-Drohnen gegen Streikende

Zweitens: Eine südafrikanische Rüstungsfirma bietet eine Drohne zur Aufstandsbekämpfung an, welche unter dem Namen „Skunk Riot Control Copter“ nicht nur mit mehreren Infrarotkameras bestückt ist, sondern auch 20 Farbkugeln oder 80 Pfefferspraykapseln verschießen kann – pro Sekunde. Für den „Skunk“ der Firma Desert Wolf interessieren sich neben Polizeieinheiten und Sicherheitsfirmen – übel genug – auch industrielle Kunden, etwa Bergbaufirmen; angesichts vieler Streiks im südafrikanischen Bergbausektor ist das besonders perfide. Mit Sicherheit führen auch andere Rüstungsfirmen ähnliche Schätzchen im Sortiment. Na dann Prost Gewaltmonopol!

Drittens: Als die sogenannte Anti-Terror-Operation der ukrainischen Armee im Osten des Landes noch stockte, startete ein findiger Patriot eine Crowdfunding-Kampagne, um den Streitkräften seines Landes eine Drohne zur Überwachung der Ostgrenze zu spendieren. Diese „Volksdrohne“ wurde mit 426.579 Hrywnja (rund 26.600 Euro) auch zu 102 Prozent finanziert. Gegen solche basisdemokratisch finanzierten Waffen können (nicht nur ukrainische) OligarchInnen aber spielend nachrüsten; nicht dass der Pöbel die „Volksdrohne“ gegen die Herrschenden einsetze.

Zwischen Care-Paket und Kamikaze

Man muss keine Kassandra sein, um zu erkennen, wie real die Bedrohnung bereits ist und vor welche künftigen Probleme sie den Staat stellt, mit Gesetzen und eigenen Flugobjekten die Lufthoheit zu behaupten. Ganz davon abgesehen, dass Drohnen auch Nützliches tun können – schwer zugängliche Felder düngen oder Hilfsgüter in entlegene Gebiete transportieren –, können dieselben Geräte auch Säure versprühen und Kamikazeflüge machen, von der  Kollisionsgefahr ziviler Drohnen ganz abgesehen. Zudem würden schon Lieferdrohnen zu einem attraktiven Ziel von Kriminellen – der Fracht, aber auch der Maschinen selbst wegen, die sich für verschiedenste Straftaten umrüsten ließen, bis hin zu Terroranschlägen und Attentaten. Ohne bewaffnete Bundeswehrdrohnen angesichts dessen als alternativlos darstellen zu wollen, bleibt die Frage: Wenn Staaten und nichtstaatliche Akteure ferngesteuert per Knopfdruck töten können, vor wem muss ich dann mehr Angst haben? Richtig vor beiden.

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