Bild: Repressive und demütigende Behandlung: Solidarität und Respekt für SexarbeiterInnen ist seit dem ProstSchG besonders wichtig. , Umsetzung des Gesetzes zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen Bild: sat

Sexarbeit. Rund fünf Monate sind seit der Einführung des ProstSchG (Prostituiertenschutzgesetz) am 1. Juli vergangen. Auskunft über die Umsetzung des Gesetzes liefert die Bochumer Beratungsstelle für SexarbeiterInnen Madonna e. V.

Personen, die der Sexarbeit in Deutschland nachgehen wollen, werden mit dem ProstSchG verpflichtet, ihre Tätigkeit bei einer zuständigen Behörde zu melden. Die Meldefrist für SexarbeiterInnen, die vor Inkrafttreten des ProstSchG bereits gearbeitet haben, endet am 31. Dezember – Neuhinzukommende müssen sich sofort registrieren lassen. Dies geschieht in NRW auf zwei Wegen und zurzeit noch kostenlos. Zuerst müssen die SexarbeiterInnen ein verpflichtendes Beratungsgespräch beim Gesundheitsamt absolvieren. Nach Erhalt einer Bescheinigung müssen sich die SexarbeiterInnen beim Ordnungsamt erfassen lassen und bekommen auch dort eine Bescheinigung. Mit dem Beratungs- und Meldeschein können die SexarbeiterInnen im Sinne des Gesetzgebenden arbeiten. „Es gibt zwei Wege: die gesundheitliche Beratung ist der erste Schritt; der Abschluss dieses Prozesses ist die Meldung über das Ordnungsamt – und das ist der sogenannte Hurenpass“, erklärt Astrid Gabb, Leiterin der Beratungsstelle für SexarbeiterInnen Madonna e. V. Dieser ist bei der Ausübung der Arbeit immer bei sich zu führen und bei Aufforderung der Polizei oder dem Zoll vorzuzeigen. „Einblick in diese Dokumente hat noch der Bordellbetreiber oder die Bordellbetreiberin, aber ansonsten darf da niemand rein schauen.“ 

Verhandlung, Kennkarte – bekannt?

„Wenn man sich die politische Lobbyseite anschaut, dann wird das Hurenpass genannt – die Frauen selber nennen das Ausweis“, erklärt Gabb. Dies führte zu Verwirrungen und Angst, denn viele Prostituierte seien MigrantInnen, die den Unterschied zwischen einem weiteren Ausweis und dem Reisepass nicht genau kennen. Außerdem befürchteten sie, dass der „Ausweis“ ihren AusländerInnenstatus beeinflusse. Ebenso sei die Aufklärung darüber schlecht, wer denn den „Ausweis“ sehen dürfe: „Es gibt mittlerweile sehr viele Kunden, die zu den Frauen kommen und sagen: ‚Zeig mir mal deinen Ausweis‘“, berichtet Gabb. Damit erhalten die KundInnen den realen Namen und die Adresse der/des SexarbeiterIn. Diese machen sich dadurch unter Umständen erpressbar. „Die Kunden drücken auch die Preise damit. Die sagen ganz klar: ‚Wenn du mir deinen Ausweis nicht zeigst, dann werde ich nicht dein Kunde sein.“

Wo ist der Schutz?

Frauen und Männer, die unter 21 Jahre alt sind, müssen die Beratungs- und Meldescheine öfter holen als über 21-Jährige. In einigen Bundesländern wird für jeden ausgefüllten Ausweis eine Gebühr erhoben – wer ein Pseudonym hat, muss sogar doppelt bezahlen. „Das ist natürlich eine enorme finanzielle Einschränkung: Frauen [Männer], die frisch in diesem Beruf sind, die in prekären finanziellen Situationen sind – die unter 21-Jährigen, die man eigentlich schützen wollte, also wenn man denen doppelte Gebühren auferlegt.“ Die Beschreibung des ProstSchG fasst Gabb so zusammen: „Insgesamt ist das Prostituiertenschutzgesetz alles, nur kein Schutzgesetz. Es ist ein Gesetz, das die Frauen [Männer] demütigt und repressiv behandelt.“ Sie vermutet, der Hauptgedanke sei, die Prostitution einzudämmen. Die Personengruppen, die unter den Schutz fallen, wie die unter 21-Jährigen oder MigrantInnen, entziehen sich den Auflagen des ProstSchG und fliehen in die Illegalität, so die Einschätzung der Beratungsleiterin. Schätzungsweise arbeiten in NRW 42.000 Menschen in der Prostitution – nur 500 seien bisher registriert.           

:Sarah Tsah

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