Bild: Ist das der Durchschnittsstudent? Die Zahlen des BMBF deuten ganz darauf hin., Die 20. Sozialerhebung der Bundesregierung durchleuchtet die Uni Foto: koi/mar

Das Studium wird für immer mehr Jugendliche mit einer Hochschulzugangsberechtigung zum nächsten Schritt nach dem qualifizierenden Abschluss. Die finanzielle Situation von StudentInnen hat sich verbessert. Der Arbeitsaufwand fürs Studium sinkt und das Ausland wird nicht attraktiver. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle, 20. Sozialerhebung der Bundesregierung. Finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) war die Studie zuletzt 2009 durchgeführt worden. Die aktuellen Zahlen spiegeln die Situation drei Jahre später wider.
Sitzt Ihr gerade in der Mensa? Dann schaut doch einmal unauffällig diesen Typen an, der gerade sein Tablett wegbringt. Die Chance, dass es wirklich ein Mann ist, den Ihr beobachtet, liegt bei 52 Prozent. Er müsste ziemlich exakt 24 Jahre alt sein und in einem halben Jahr Geburtstag haben. Sehr wahrscheinlich (94 Prozent) ist er nicht verheiratet, und noch wahrscheinlicher hat er kein Kind (96 Prozent). Die Chance, dass er beziehungstechnisch in festen Händen ist, steht bei 50:50. Es wäre nicht überraschend, wenn die Eltern des ahnungslosen Opfers Eurer Spionage das Abitur (60 Prozent) oder sogar einen Hochschulabschluss (50 Prozent) abgelegt haben. Auf jeden Fall haben seine Erzeugerin und sein Erzeuger fast sicher (91 Prozent) keine niedrige Bildungsherkunft. Dafür ist ihre Bildungsherkunft auch einheitlich (in 50 Prozent der Fälle herrscht elterliche Bildungshomogenität). Das Objekt Eurer Beobachtung zahlt 290 Euro Miete von den über 864 Euro, die er im Monat zur Verfügung hat. NRW liegt bei den Studi-Monatsmieten mit durchschnittlich 313 Euro zwar an dritter Stelle im Ländervergleich; der Standort Bochum (Platz 29 im deutschlandweiten Hochschulstandort-Vergleich) drückt die Summe aber um 23 Euro. Seine Miete hat der durchleuchtete Mensagänger wahrscheinlich nur in Deutschland gezahlt (nur 30 Prozent Chance für einen Auslandsaufenthalt). Am meisten Geld geht ansonsten für Ernährung (165 Euro), am wenigsten für Lernmittel (830 Euro) drauf.
Die Gefahr, dass Ihr die oben beschriebene Person gerade tatsächlich rechnend anstarrt, ist übrigens ziemlich gering: Die Beschreibung passt exakt auf den durchschnittlichen Studenten – glaubt man den Zahlen der aktuellen Sozialerhebung des BMBF.

An den Unis wird alles besser…

Insgesamt wurden im Mai des vergangenen Jahres 80.000 Studierende in Deutschland  per Fragebogen interviewt. Das entspricht jedem/r 27. Studierenden/r in der Bundesrepublik. Unter anderem fragten die MacherInnen der Studie nach Merkmalen des Studiums (Studienverlauf etc.), Finanzierung und Sozialen und Demografischen Merkmalen. Weitere Themenfelder waren Zeitaufwand, Wohnen und Studienbezogene Auslandsaufenthalte.
Die Resultate nimmt das BMBF zum Anlass, ein positives Bild der Studiensituation in Deutschland und ihrer Entwicklung zu zeichnen: So brechen weniger Studis ihr Studium ab (von 15 auf 9 Prozent), und der/die DurchschnittsstudentIn hat im Monat 52 Euro mehr in der Tasche. Einen halben Hunderter mehr im Monat – davon können viele Studierende nur träumen. Betrachtet man die Zahlen der Studie, die sich mit dem Bildungsgrad der Eltern beschäftigen, erscheint diese Zahl in einem anderen Licht. Die gewachsene  Zahl von AkademikerInnenkindern an den Universitäten und Fachhochschulen spiegelt sich sicher auch in besserer Finanzierung der Sprösslinge wider. Die durch die Zahlen belegte „Selektivität des Hochschulzugangs“ moniert Prof. Dr. Dieter Timmermann, Präsident des Deutschen Studentenwerkes: „Dagegen hat die deutsche Bildungspolitik bislang weder Konzept noch Rezept.“

…weil es jetzt „Bologna“ gibt?

Erleichtert eigt sich das BMBF in Person des Parlamentarischen Staatssekretärs  Thomas Rachel – vor allem beim Thema Bologna-Reformen. Unter anderem wird die niedrige Studienabbrecherquote auf die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge zurückgeführt. Diese Neuerungen sind flächendeckend umgesetzt worden: Nur etwa 8 Prozent der Studierenden werden am Ende ihres Studiums ein Diplom in der Hand haben oder als Magister die Uni verlassen. Der wöchentliche Zeitaufwand für Präsenzveranstaltungen und das Selbststudium ist im Dreijahresvergleich um insgesamt eine Stunde gesunken – auch das führen die Mitarbeiter des BMBF auf die vielerorts ungeliebte Bologna-Umstellung zurück. „Diese Entwicklung ist erfreulich und zeigt, dass ein erfolgreicher Studienabschluss für junge Menschen immer besser planbar wird“, lässt sich Rachel in einer Mitteilung seines Arbeitgebers zitieren. Auch wenn für viele Bologna noch immer eher nach Verschulung und Quatsch mit Soße klingt – diese Lesart der Zahlen scheint den Reformen wissenschaftlich den gewünschten Nutzen zu attestieren.
 

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