Bild: Vergessen und verdrängt: Hassan (links: Nicolas Yannis Deden) und Damien (Dustin Heye) sind sich ähnlicher, als sie glauben. , „Wir sind die Kinder“ Bild: stem

Theater. Eine Situation eskaliert und in dem folgenden Chaos weiß niemand mehr genau, wer er eigentlich ist und was er will. Das Theaterstück „Wir sind die Kinder“ beschäftigt sich mit den vermeintlich Abgehängten.

Die Szenen während des G20-Gipfels in Hamburg im vergangenen Jahr stehen noch vielen vor Augen: Brennende Autos, Straßenkämpfe mit der Polizei, Gewalt und Hass, Chaos und Widerstand, dazwischen die Frage nach Schuld und Unschuld. Doch es sind Bilder, die immer wieder auftauchen. So auch schon 2005 in Paris. Das ist die Ausgangssituation des Stücks „Mitteilung Nummer 10“ von dem französischen Autor Samuel Gallet. An der Studiobühne des Musischen Zentrums der RUB inszeniert es die Regisseurin Anna Metzler unter dem Titel „Wir sind die Kinder“. „Ich habe ein Faible für etwas eigene, französische Stücke, die man in Deutschland nicht kennt“, erklärt sie. Vor allem die Form und die poetische Sprache des in Deutschland eher unbekannten französischen Dramatiker habe sie fasziniert. „Es ist eine unglaublich prägnante Sprache, die das Thema gut vermittelt“, berichtet die Studentin. Der Gedanke, das Stück zu inszenieren, treibt die junge Regisseurin schon seit einigen Jahren um. Die Gelegenheit zur Inszenierung ergab sich nun im Studium. Insgesamt arbeiten zehn Leute an dem Projekt mit: acht SchauspielerInnen sowie die zwei OrganisatorInnen, die Regisseurin Anna Metzler und der Co-Regisseur Stefan Moll.

Die Ausgegrenzten

Das Stück wurde von den Unruhen in Frankreich inspiriert, dennoch kann es auf jede andere Großstadt und auf jede andere Zeit übertragen werden. Auslöser der Kämpfe 2005 war, dass zwei junge Immigranten auf der Flucht vor der Polizei starben. Das hat zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt geführt. Das Stück hat eine ähnliche Prämisse, ist aber frei erfunden. Das Chaos beginnt, als ein Junge zu Tode geprügelt wird. Eine Gruppe bestehend aus Kindern, die sich gegenseitig als „Geliebte“ bezeichnen, kämpft gegen die Ungerechtigkeit, die in Form von Gewalt von der Polizei ausgeübt wird. Hassan (Nicolas Yannis Deden), der Bruder des Toten, möchte sich beim System und dem Mörder rächen. Begleitet wird er von Marlène (Ricarda Schwede) aus der Mittelschicht, die fasziniert von dem ist, was mit den „Ausgegrenzten“ passiert. Der Mörder Damien (Dustin Heye) gehört zu diesen Hoffnungslosen und scheiterte an den Versuch, seinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Seine Begleitung Anne  (Tabea Kahlstatt) sucht derweil Schutz bei ihm vor ihrer Drogenvergangenheit.

Keine Stereotypen

Es geht um Vergebung, die Frage nach Schuld und Gerechtigkeit, Perspektivlosigkeit, Ohnmacht und hilflose Wut von Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Die Regisseurin findet, dass das Problem eigentlich zeitlos ist. „Es wird aber ganz lange ignoriert, bis etwas passiert. Erst dann schenken die Medien ihm ein, zwei Monate Aufmerksamkeit“, meint Anna Metzler. Daher habe sie das Stück ausgewählt. Es werden individuelle Menschen und keine Stereotypen gezeigt. Am Ende gebe es weder Happy End noch eine Lösung, sondern soll aufrütteln auf und Fragen zeigen, mit denen man sich weiter beschäftigen soll.

:Maike Grabow

ZEIT:PUNKTE

Freitag, 1. Juni und Samstag, 
2. Juni, 19:30 Uhr. Musisches Zentrum, Ruhr-Universität Bochum. Eintritt frei. 
Karten unter anna.metzler@rub.de 

 

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