Bild: Kritikpunkt: In einer Szene hat Henry EINE einzelne Yu-Gi-Oh Karte auf seinen Spielsachen drapiert. Like wut?! But I appreciate the Godzilla!, Stay together for the kid. Bild:fufu

Filmkritik. Seit vergangenem Nikolaustag auf Netflix: „Marriage Story“ von Noah Baumbach ist großes Gefühlskino und einer der Favoritentitel der anstehenden Film-Award Saison. Lohnt sich der Streifen?

Eine Ehe geht auseinander. Zunächst entschließt sich das Paar ganz fair zueinander zu sein, im Interesse ihres gemeinsamen Sohnes, doch kurz darauf befinden sie sich in einer juristischen Schlammschlacht. In der Kurzzusammenfassung wirkt der Film nicht wie viel Neues, doch er fesselt, berührt und wirkt in seiner Ausführung permanent auf den Punkt gebracht. Mit seinen zwei Stunden und 16 Minuten Laufzeit ist es kein kurzer Film, doch fühlt sich dabei keineswegs langatmig an. Dies liegt vor allem am großartigen Drehbuch. Alle gezeigten kleinen Momente, wirken sie auch noch so banal, laufen zusammen und entrollen sich im späteren Schlagabtausch der Anwält*innen. Selbst zutrauliche Szenen, die fast schon schön und wie leichte Wieder-Annährungsmomente des Ex-Paares wirken, werden später im Gerichtssaal ins Negative gedreht. Ganz nach dem Motto: „First show, then tell“. Dennoch ist Marriage Story kein Film über eine große Gerichtsverhandlung. Marriage Story verdeutlicht wie zwei Menschen, die sich eigentlich gegenseitig noch eine Menge bedeuten, in einem Spiel von Scheidungsanwält*innen immer mehr den gegenseitigen Respekt voreinander verlieren.
Dabei zeigt der Film ganz deutlich wie heutige Scheidungsprozesse in Amerika funktionieren, vermutlich auch dadurch, dass Drehbuchautor und Regisseur Noah Baumbach selbst eine Celebrity-Scheidung durchmachen musste, genauso wie wohl viele mit ihm befreundete (Ex-)Paare, sodass er das ein oder andere autobiographische Detail einbauen konnte. Die Anwält*innen sind dabei großartig besetzt: Laura Dern als professionelle L.A.-Scheidungsanwältin die sich freundschaftlich und siegeshungrig gibt, Alan Alda als „erste Person die etwas Menschlichkeit zeigt“ oder Ray Liotta als kühler, berechnender Alphatier-Anwalt, der einfach nur mit einem weiteren gut ausgegangenen Prozess prahlen möchte. Sie alle glänzen schauspielerisch, genauso wie die beiden Hauptdarsteller*innen.  Die beiden Protagonist*innen sind der Theater-Regisseur Charlie Barber (gespielt von Adam Driver) und seine persönliche Lieblingsschauspielerin und Ehefrau Nicole (Scarlett Johansson). Die beiden haben außerdem einen gemeinsamen Sohn, Henry (Azhy Robertson). Da die beiden sowohl in ihrem beruflichen als auch privaten Leben gut zusammen funktioniert haben, möchten beide eine unproblematische Trennung. Denn nur die romantische Liebe sei nicht mehr da. Alles ohne Anwälte und in Interesse des gemeinsamen Sohnes. Das funktioniert allerdings nicht so ganz und in manchen Szenen fühlt man sich als Zuschauer*in wirklich wie ein Scheidungskind, das zwischen diesen Eltern sitzt und sich still denkt: „Bitte hört auf“. Dies wird auch durch die in den Konfrontationen gewählte Kameraperspektive erreicht, die das Paar wie aus der Perspektive eines auf dem Boden sitzenden Kindes zeigt.
Der Film drückt dabei nicht permanent auf die Tränendrüse, sondern leuchtet die Trennung von beiden Seiten aus und schafft es immer wieder etwas Leichtigkeit und Witz in die Geschichte zu bringen, mit dem Fazit: „Am Ende muss man sich arrangieren.“ Der Soundtrack von Randy Newman rundet das Ganze zu einem bewegenden zwischenmenschlichen Kunstwerk ab und wird sogar noch um zwei wundervoll textlich passende Gesangseinlagen (aus dem Stephen Sondheim Musical „Company“) von Driver und Johansson ergänzt. Vielleicht wäre es nicht schlecht, diesen Film im Zuge von Eheberatung als Anspieltipp zu empfehlen. Vom 21. November an lief der Film in ausgewählten deutschen Kinos, bevor er beginnend am 6. Dezember für Netflix-Kund*innen bereitstand.      

:Christian Feras Kaddoura

0 comments

You must be logged in to post a comment.