Bild: Durch gelebten interreligiösen Dialog zum Antisemitismusbeauftragten ernannt: Michael Blume sieht eine wichtige Rolle in der Verantwortung der Medien., Medien in Kritik Bild: Alexander Schneider

Medienkritik. Der Antisemitismusbeauftragte Baden-Württembergs hielt einen Vortrag an der RUB, in dem er die historischen und medialen Vermittlungsformen von Antisemitismus beleuchtete.

„Wir befassen uns heute mit einem Thema, von dem ich lange Zeit annahm, dass es zumindest in meiner Lifetime nicht mehr aktuell werden würde – mit Antisemitismus.“ So eröffnete Prof. Isolde Karle, Direktorin des Instituts für Religion und Gesellschaft die Veranstaltung „Medien & Antisemitismus“, bei der Dr. Michael Blume, Antisemitismusbeauftragter des Landes Baden-Württemberg, über die historischen Verbindungen von Antisemitismus und Medien sowie die persönlichen Auswirkungen der Feindlichkeit referierte.
In einem lebendig gehaltenen Vortrag stellte Blume dabei vor allem eine Problematik deutlich heraus: Neue Medien haben Antisemitismus in der Vergangenheit nicht erschaffen, aber sie haben ihn jedes Mal deutlich multipliziert.
Im März 2018 wurde Blume zum Antisemitismusbeauftragten des Landes Baden-Württemberg ernannt, unter anderem mit Unterstützung aus der jüdischen Gemeinschaft. Blume, der selbst evangelischer Christ ist, ist in einem nicht-religiösen Haushalt aufgewachsen und hat drei Kinder mit seiner muslimischen Frau. Dadurch stand er, neben seiner akademischen Laufbahn als Religionswissenschaftler, als Paradebeispiel für interreligiösen Dialog.  

„Dieser tiefe Hass auf eine ganz bestimmte Kultur und Religion, der verbindet sich schon in der Antike mit dem bestehenden Judentum“, so Blume. So verweist er auf das zweite Buch Mose und die beginnende Judenfeindlichkeit im antiken Ägypten durch den Pharao sowie die erste dokumentierte Zerstörung eines jüdischen Tempels im sechsten Jahrhundert vor Christus.
Doch auch Buchdruck, Zeitungen, Radio und Film wurden immer wieder nach Entstehen zur Verbreitung von antisemitischen Mythen verwendet. Als Beispiele nennt er das 1486 erschienene Buch „Hexenhammer“ und die Instrumentalisierung von Radio durch das NS-Regime sowie Filme wie „Jud Süß“.
In der modernen Zeit nehmen die sogenannten sozialen Medien diese Position ein. So sagt Blume: „Was im Internet passiert, in diesen sogenannten sozialen Medien: Sie sind nicht die Kundin, der Kunde. Sie sind das Produkt. Ihre Aufmerksamkeit wird an Werbekunden verkauft.“ Somit werden Algorithmen geschaffen, die möglichst emotionalisieren und dafür ideal geeignet sind Antisemitismus und weitere gruppenbezogene Feindlichkeiten zu fördern. Hierbei liegt auch die Forderung an neue Medien, von diesem Geschäftsmodell abzurücken.

Eine weitere von Blumes Kernthesen ist, dass Antisemitismus nicht nur Juden*Jüdinnen schadet, sondern allen. Denn Antisemitismus als verschwörerischer Mythos, ist stets der Endpunkt unzähliger gruppenbezogener Feindlichkeiten. Erst in jüngster Vergangenheit wurde beispielsweise der Umvolkungsmythos bedient, dass jüdische Kräfte hinter der sogenannten „Migrantenkaravane“ steckte, die aus Guatemala über Mexiko in die USA kommen wollten. In Europa dient die Geflüchtetenbewegung als Parallelbeispiel. Antisemitismus hinge daher nicht am Verhalten von Juden*Jüdinnen, denn hinter jeden sozialen Wandel kann mit dem einfach einzusetzenden Mythos jüdischer Strippenzieher*innen eine Begründung durch äußere, böse Einflüsse fingiert werden.

Auch Rektor Prof. Axel Schölmerich fand klare Worte in seinem Grußwort. Denn im Anschluss an das Attentat in Halle fanden sich zahlreiche Bochumer*innen zusammen, um eine Menschenkette um die Bochumer Synagoge herum zu bilden. Dazu sagte Schölmerich: „Ich fordere Sie alle auf, sich an Aktionen dieser Art möglichst massenhaft zu beteiligen.“

:Stefan Moll

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